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Bei der Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) am 14. Juni beließ die US-Notenbank (Fed) die Zinssätze unverändert, ließ aber die Möglichkeit weiterer Zinserhöhungen bei den nächsten Sitzungen offen. Der Ausschuss tendierte sogar zu höheren Zinssätzen: Die Mehrheit der Funktionäre geht in ihrem Basisszenario nun von mindestens zwei weiteren Zinserhöhungen aus. Diese Möglichkeit hat in den letzten Wochen für einige Aufregung gesorgt. Das dürfte sich auch in der heutigen Sitzung fortgesetzt haben. Auch wenn kein Ausschussmitglied gegen den Beschluss stimmte, gab es zweifellos einige, die sich dafür aussprachen, die Zinssätze heute zu erhöhen, anstatt sie unverändert zu lassen. In seinen Ausführungen im Anschluss an die Sitzung sagte der Fed-Vorsitzende Powell nur wenig, um die Situation zu klären. Es sieht so aus, als würde sich das Drama noch mindestens ein paar weitere Sitzungen hinziehen.

Die Aufregung darüber, ob die Fed auf einer ihrer nächsten Sitzungen die Zinsen wieder anheben wird, scheint in keinem Verhältnis zur Bedeutung dieser Frage zu stehen. Eine wesentliche Änderung der Gesamtlage ist unwahrscheinlich – ganz gleich, ob die Fed ihren Zinserhöhungszyklus schon jetzt oder erst nach ein oder zwei weiteren Zinserhöhungen beendet. In diesem Beitrag fassen wir zusammen, wie wir die Gesamtsituation einschätzen. Abschließend präsentieren wir ein mögliches Szenario, wie sich das Drama in den kommenden Wochen und Monaten auflösen könnte.

Das Ausmaß möglicher künftiger Zinserhöhungen ist im Vergleich zu den bereits erfolgten Anhebungen gering. Der Unterschied macht in der Tat eine ganze Größenordnung aus: Die Fed hat die Zinsen bisher um 500 Basispunkte (Bp) angehoben, während die Medianprognose der FOMC-Teilnehmer weitere 50 Bp an möglichen Zinserhöhungen vorsieht. Noch deutlicher ist der Unterschied bei den Überraschungen im Vergleich zu den Erwartungen – ein Faktor, der für die Finanzmärkte oft am wichtigsten sind. Die Zinsüberraschung im Jahr 2022 war eine der größten aller Zeiten und führte dazu, dass die Renditen von US-Staatsanleihen das schwächste Jahr der letzten 150 Jahre verzeichneten.1 Sollte die Fed die Zinsen erneut anheben, wäre die Überraschung dagegen deutlich geringer, da die Märkte eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen solchen Schritt bereits eingepreist haben.

Während der Großteil der Zinserhöhungen hinter uns liegen dürfte, steht die volle Wirkung der geldpolitischen Straffung wahrscheinlich noch bevor. Dies ist zum Teil auf die oft wiederholte Feststellung zurückzuführen, dass die Geldpolitik „lange und variable Wirkungsverzögerungen“ aufweist. Es gibt jedoch einen weiteren Faktor, der im aktuellen Umfeld ebenso wichtig sein könnte. Die Fed beabsichtigt, die Zinsen in den kommenden Quartalen über der Marke von 5 % zu halten, während die Inflation im gleichen Zeitraum zurückgehen dürfte. Infolgedessen ist ein weiterer Anstieg der Realzinsen wahrscheinlich, selbst wenn die Nominalzinsen nicht steigen (Abbildung 1). Die Funktionäre der Fed nehmen dies zur Kenntnis. Nach ihren eigenen Prognosen wird ein schon heute restriktives Zinsniveau in einigen Monaten noch restriktiver wirken, so dass die wirtschaftlichen Auswirkungen zunehmen werden. Dies sollte jeden Versuch einer Kalibrierung der Politik auf der Grundlage einiger weniger Daten in Frage stellen.

Abbildung 1: Zins- und Inflationsprognosen des FOMC

Quelle: US Federal Reserve. Stand: 31. März 2023.

Steigende Finanzierungskosten sind eine Herausforderung für Wirtschaftszweige, die auf Fremdkapital angewiesen sind. In bestimmten Fällen führt der daraus resultierende Druck zu nichtlinearen Entwicklungen, die wiederum die Unsicherheit erhöhen und die Abwärtsrisiken verschärfen. Jüngstes Beispiel dafür sind die Turbulenzen bei den Regionalbanken. Auch wenn der Sektor in den letzten Wochen eine ermutigende Stabilität gezeigt hat, sind die Risiken keineswegs verschwunden. Es ist bemerkenswert, dass die Aktien der Regionalbanken immer noch mit einem Abschlag von mehr als 30 % gegenüber ihren Kursen vom Februar gehandelt werden (Abbildung 2, linke Grafik). Insgesamt bleiben die Rahmenbedingungen schwierig. Solange die Finanzierungskosten über den Renditen hochwertiger Anlagen liegen, werden die Banken bei der Vergabe von Krediten an die Wirtschaft Schwierigkeiten haben (Abbildung 2, rechte Grafik). Eine Verschärfung der Kreditvergabestandards ist das Mindeste, was zu erwarten ist, wobei die Risiken eher in Richtung zusätzlicher unvorhergesehener Belastungen gehen.

Abbildung 2: Ein schwieriges Umfeld für Regionalbanken

Hinweis: C&I steht für gewerbliche und industrielle Kredite. Quelle: Bloomberg, Federal Reserve. Stand: 12. Juni 2023.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Gesamtsituation im Wesentlichen durch die folgenden drei Aspekte bestimmt wird. Erstens werden zukünftige Zinserhöhungen im Vergleich zu den bereits erfolgten Zinserhöhungen wahrscheinlich gering ausfallen. Zweitens sind die Auswirkungen der Zinserhöhungen noch nicht in vollem Umfang spürbar, da sie sich in den kommenden Quartalen noch verstärken dürften, wenn die Realzinsen weiter steigen. Und schließlich ist die Belastung durch den Anstieg der Finanzierungskosten beträchtlich, und daran wird sich vorerst wahrscheinlich nichts ändern. Keiner dieser Aspekte wird sich wesentlich, wenn überhaupt, ändern, wenn die Zinssätze schließlich näher bei 5,5 % als auf dem derzeitigen Niveau liegen. Die Weichen für die Gesamtsituation sind bereits gestellt.

Die Maßnahmen, die die Fed in den nächsten Sitzungen des Offenmarktausschusses ergreift, werden zwar viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, aber das Gesamtbild nicht wesentlich verändern. Daher geben wir hier unsere Einschätzung der wahrscheinlichsten Entwicklung. Wir gehen davon aus, dass die anstehenden Wirtschaftsdaten weitere Hinweise auf eine Verlangsamung des Wachstums und eine anhaltende Disinflation liefern werden. Die gestern veröffentlichten Verbraucherpreisdaten zeigen ein gemischtes Bild der Inflation im vergangenen Monat. Für die Zukunft wird ein klarerer Trend erwartet: Der Rückgang der Wohnkosteninflation dürfte sich fortsetzen, während sich der jüngste Anstieg der Wareninflation umkehren dürfte, so dass die Kerninflation per saldo insgesamt niedriger ausfallen dürfte. Auch die in den letzten Monaten beobachtete Abschwächung der Nachfrage nach Arbeitskräften dürfte sich fortsetzen, wie aus den zukunftsgerichteten Unternehmensbefragungen hervorgeht. Für sich genommen werden diese Trends nicht ausreichen, um eine Entscheidung der Fed herbeizuführen. Zusammengenommen dürften sie unserer Meinung nach jedoch ausreichen, um die Fed davon abzuhalten, die Zinsen so stark anzuheben, wie es die Prognosen des Offenmarktausschusses vorsehen.



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