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Während seiner Amtszeit war der frühere Vorsitzende der US-Notenbank (Fed) Alan Greenspan berühmt (beziehungsweise berüchtigt) für seine manchmal unverständlichen und geheimnisvollen Aussagen, mit denen er die Märkte zur Verzweiflung brachte – er sprach oft, ohne dass man wirklich verstand, was er meinte.

Es scheint, dass der jetzige Vorsitzende der US-Notenbank Jerome Powell für seine mit Spannung erwartete Rede bei der diesjährigen Zentralbank-Tagung in Jackson Hole den Redenschreiber von Alan Greenspan engagiert hat. Powell sagte viel über die Wirtschaft und die Inflation, doch zur zukünftigen Geldpolitik der Fed äußerte er sich weitgehend nebulös. Doch unter dem (beabsichtigten?) Schleier, der über seiner Rede hing, verbarg sich eine beunruhigende Botschaft an die Anhänger der Szenarien einer weichen Landung. Bitte anschnallen – die ankommenden Fluggäste werden keinen Blick auf die majestätische Gebirgskette erhaschen und sollten sich lieber auf eine holprige Landung vorbereiten.

Zunächst reagierte der Markt nur geringfügig. Die Kurse von Aktien und Anleihen erholten sich sofort nach der Rede, entwickelten sich dann im weiteren Tagesverlauf jedoch etwas uneinheitlich: Aktien schlossen fester, während die Renditen von Anleihen zulegten. Wir sind uns nicht sicher, ob das gerechtfertigt ist, und möchten kurz die Gründe erläutern:

Powells Kernpunkte

Zunächst war die Rede von Jerome Powell teilweise lediglich eine erneute nüchterne Aufzählung der jüngsten Konjunkturdaten, wobei der Schwerpunkt auf der Kerninflation der persönlichen Konsumausgaben lag (der bevorzugte Maßstab der US-Notenbank). Nachdem Powell die willkommenen Abwärtstendenzen bei der Wareninflation und auch einen wahrscheinlichen Rückgang bei der Wohnkosteninflation angesprochen hatte, betonte er, dass die Inflation bei den Kerndienstleistungen ohne Immobilien weniger stark auf konjunkturelle Veränderungen oder auf die geldpolitischen Straffungsmaßnahmen der Fed reagiert habe.

Der Notenbankchef erklärte auch, dass die aktuelle Geldpolitik der Fed bereits „restriktiv“ sei, das heißt, dass die reale (inflationsbereinigte) Fed Funds Rate über der Spanne liegt, die allgemein als „neutral“ angesehen wird.

Doch Powell vermied es tunlichst, sich konkret zu den nächsten Schritten zu äußern. Er verwies darauf, dass die US-Notenbank eine längere Zinspause oder weitere Zinsanhebungen beschließen könne. Doch indem er es unterließ, Zinssenkungen anzusprechen, sandte er seine deutlichste Botschaft der Rede aus: Die Fed wird entweder an ihrer bereits restriktiven Geldpolitik festhalten oder könnte die Zinszügel sogar noch weiter straffen. Eine baldige Lockerung ist dagegen vom Tisch.

Sklave toter Ökonomen?

Das ist die deutlichste Botschaft von Powell. Wenn man seine anderen „Greenspan-esken“ Äußerungen analysiert, dann scheint die Fed nach wie vor der Ansicht zu sein, dass zur Erreichung des Ziels einer Inflation von 2 % eine „Flaute“ in der Wirtschaft nötig ist. „Flaute“ ist dabei natürlich ein beschönigender Ausdruck für Arbeitsplatzverluste.

Die Idee beruht auf der vor über 60 Jahren entwickelten Phillips-Kurve, die eine inverse Beziehung zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit belegen soll (das heißt, eine höhere Arbeitslosigkeit führt zu einer niedrigeren Inflation). Doch viele Ökonomen sind sich da nicht so sicher. Die Phillips-Kurve hat noch nie eine stabile Beziehung zwischen Arbeitslosigkeit und Inflation gezeigt, in den vergangenen Jahrzehnten ist sie sogar immer unzuverlässiger geworden. Tatsächlich sind in diesem Jahr viele Maßstäbe der US-Inflation deutlich zurückgegangen, ohne dass die Arbeitslosenquote gestiegen wäre.

Die meisten Mitglieder des Offenmarktausschusses scheinen sich jedoch Powells Ansatz der Phillips-Kurve anzuschließen. Sollte das tatsächlich der Fall sein, dann sendet die US-Notenbank wirklich ein Signal an die Anleger aus. Konkret würde dies bedeuten, dass die Geldpolitik restriktiv bleiben (oder sogar noch restriktiver werden) muss, bis die Arbeitslosenquote steigt. Darüber hinaus scheint der Schwellenwert, ab dem die US-Notenbank eine „Flaute“ sieht, bei einer Arbeitslosenquote von mindestens 4,0 % (gegenüber vorher 3,6 %) zu liegen.

Wenn ja, dann signalisiert die Fed, dass trotz (oder gerade wegen) des Schleiers, der unser Verständnis der Inflationsdynamik umhüllt, eine holprige Landung eine unumgängliche Notwendigkeit ist.

Folgen für Anleger

Was bedeutet Powells Botschaft von Jackson Hole für Anleger?

  • Zunächst einmal bedeutet sie, dass in absehbarer Zeit nicht mit Zinssenkungen zu rechnen ist, sondern dass die Zinsen erst gesenkt werden, wenn die Arbeitslosenquote in den USA über 4 % steigt. Das könnte durchaus erst im späteren Verlauf des Jahres 2024 der Fall sein.
  • Zweitens kann man aus seiner Rede ableiten, dass sich die US-Wirtschaft jetzt abkühlen muss. Damit ist die kräftige Erholung der Unternehmensgewinne im Jahr 2024 gefährdet, die der Konsens der Wall Street-Analysten aktuell prognostiziert.
  • Drittens dürfte die Renditekurve invertiert bleiben und die Inversion könnte sogar noch zunehmen, denn die Fed muss bereit sein, eine Rezession zu riskieren, um die Preisstabilität wieder herzustellen, und das dürfte der Fall sein. Es zahlt sich selten aus, gegen die US-Notenbank anzukämpfen, und eine invertierte Renditekurve ist die logische Art, diese Einschätzung auszudrücken.
  • Sollte schließlich die US-Notenbank dahingehend falsch liegen, dass die Inflation auch ohne eine „Flaute“ in der Wirtschaft abnehmen kann, dann hat sie einen geldpolitischen Irrweg eingeschlagen. In diesem Fall würde ein späterer Kurswechsel bedeuten, dass die bisher getroffenen Straffungsmaßnahmen deutlich schneller und aggressiver zurückgenommen werden, als dies sonst der Fall wäre. Letztlich könnten Anleger überrascht sein, zu welch raschen geldpolitischen Lockerungen die Fed am Ende gezwungen sein könnte.

Stephen Dover, CFA
Chief Market Strategist,
Franklin Templeton Institute



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