AUTOREN

Noelle Tune, MD
Analyst
Putnam Investments
Die letzten Jahre waren für Titel aus dem Biotechnologiesektor nicht einfach. Trotzdem bietet der Sektor weiterhin spannende Möglichkeiten – sowohl für Anleger als auch für Menschen, die auf innovative Therapien angewiesen sind. Im kommenden Jahr könnten Trends wie die verstärkte Aktivität bei den Fusionen und Übernahmen (M&A) im Biotechnologiesektor sowie die allmählich sinkenden Zinsen dazu beitragen, dass der Sektor wieder aus seinem Tief herauskommt. Doch anstatt nach Faktoren zu suchen, von denen der gesamte Sektor profitieren könnte, konzentrieren wir uns weiterhin darauf, nach einzelnen, unterbewerteten Unternehmen Ausschau zu halten, die mit ihren Produkten und Lösungen auf eine medizinische Versorgungslücke abzielen.
Ausgangspunkt meiner Recherchen ist meine Erfahrung als Notfallmedizinerin. Viele der PatientInnen, die ich versorgt habe, waren von Krankheiten betroffen, die sie nicht gut unter Kontrolle hatten. Das kann durch sozioökonomische Faktoren oder den begrenzten Zugang zu, Ärztinnen und Ärzten begründet sein. Doch meistens war der Grund der, dass die Therapie für ihre Krankheit nicht ideal war – oder dass es schlicht keine Therapie gab. Bei meinen Aktienempfehlungen meide ich in der Regel Me-too-Präparate (Analogpräparate) und entsprechende Therapien. In der medizinischen Praxis gibt es so viele ungelöste Probleme. Daher ist es meines Erachtens nicht sinnvoll, sich auf Unternehmen zu konzentrieren, die versuchen, in bereits gesättigte Kategorien vorzudringen. Zu den Bereichen, denen Biotech-Anleger aktuell ihre Aufmerksamkeit schenken sollten, gehören meiner Ansicht nach die Onkologie und die Immunologie.
Die Onkologie ist im Biotechnologiesektor von großer Bedeutung. Über ein Drittel der Übernahmen, die 2024 im Biotechnologiesektor getätigt wurden, standen im Zusammenhang mit diesem Fachbereich. Innerhalb der Onkologie suche ich typischerweise nach Unternehmen, die sich auf eine Versorgungslücke konzentrieren. Dazu gehören Krebsarten, die sich nur schwer behandeln lassen, beispielsweise Kopf- und Halskrebs, oder solche, bei denen die Behandlungsmöglichkeiten sehr begrenzt sind, darunter Bauchspeicheldrüsenkrebs oder Eierstockkrebs. Ich interessiere mich für Unternehmen, die Präparate entwickeln, die zusammen mit immunonkologischen Therapien eingesetzt werden können, beispielsweise mit Keytruda, dem umsatzstärksten immuntherapeutischen Medikament, das für die Behandlung vieler verschiedener Krebsarten zugelassen ist. Solche Keytruda ergänzenden Therapien können speziell für Krebsarten mit begrenzten Behandlungsmöglichkeiten entwickelt werden.
M&A-Aktivität zeigt deutlich den Fokus auf Onkologie und Immunologie
Quellen: CapitalIQ und Stifel. Stand: Dezember 2024.
Beeindruckende Innovationen in der Immunologie
Die Immunologie ist ein weiterer Bereich im Biotechnologiesektor, der seit einigen Jahren viele interessante Möglichkeiten bietet, denn bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen wurden viele wichtige Fortschritte erzielt. Die entsprechenden Präparate und Therapien sind nun auf dem Markt erhältlich und haben das Leben der PatientInnen verändert. Bei Autoimmunerkrankungen greift das Immunsystem praktisch sich selbst an. Viele Menschen leiden unter derartigen Erkrankungen, zu denen beispielsweise Psoriasis-Arthritis oder rheumatoide Arthritis gehören. Die meisten großen Pharma- und Biotechnologieunternehmen sind in diesem Bereich tätig, aber auch unter den Small- und Mid-Cap-Unternehmen des Sektors gibt es attraktive Chancen. So werden neue Therapien entwickelt, die immense Fortschritte bei der Behandlung von Entzündungserkrankungen darstellen könnten.
Seltene Erkrankungen sind ein weiterer interessanter Bereich des Biotechnologiesektors, der nicht von Schlagzeilenrisiken betroffen sein dürfte. Hierbei handelt es sich um Erkrankungen, unter denen nur relativ wenige Menschen leiden und für die es kaum Behandlungsmöglichkeiten gibt. Die US-Arzneimittelbehörde FDA ist bei der Zulassung dieser Therapien in der Regel weniger streng. Außerdem spielen politische Zugehörigkeiten in diesem Bereich meist keine Rolle.
Adipositas-Behandlung – ein Blick über das Duopol hinaus
Wer sich mit dem Biotechnologiesektor befasst, kommt nicht an der Behandlung von Adipositas vorbei. Hier besteht die Herausforderung darin, dass dieser Bereich von einem großen pharmazeutischen Duopol beherrscht wird, nämlich von zwei Konzernen, die schon seit Jahrzehnten Diabetesmedikamente entwickeln. Ihre Therapien zur Behandlung von Diabetes Typ 2 – die weithin bekannten GLP-1-Medikamente – werden inzwischen auch zur Kontrolle von Adipositas eingesetzt. Einem kleineren Unternehmen dürfte es kaum gelingen, im Hinblick auf klinische Studien mit diesen großen Konzernen zu konkurrieren oder die erforderlichen Fertigungskapazitäten aufzubauen, um mehr als 100 Millionen adipöse AmerikanerInnen zu versorgen. Allerdings gibt es durchaus interessante Bereiche, beispielsweise amylinbasierte Therapien oder Adipositas-Medikamente in oraler Darreichungsform, die kleineren Biotech-Unternehmen die Möglichkeit bieten könnten, sich diese große therapeutische Klasse zu erschließen.
Kontinuierlich neue Anlagechancen durch Innovation und Nachfrage
Seit den Höhenflügen im März 2021, als die Corona-Impfkampagne in vollem Gange war, hat der Biotechnologiesektor mit einigem Gegenwind zu kämpfen. Während wir laufend die Entwicklungen auf hoher Ebene verfolgen, halten wir Biotech für einen Stockpicking-Sektor, in dem Anleger von detaillierten Fundamentaldatenanalysen zu einzelnen Unternehmen profitieren können. Darüber hinaus sind wir der Auffassung, dass die bemerkenswerten Innovationen in diesem Sektor zahlreiche langfristige Chancen für Anleger bieten.
WO LIEGEN DIE RISIKEN?
Alle Anlagen sind mit Risiken verbunden, ein Verlust des Anlagekapitals ist möglich. Beteiligungspapiere unterliegen Kursschwankungen und sind mit dem Risiko des Kapitalverlusts verbunden. Investitionen in schnell wachsende Branchen wie den Gesundheitssektor können aufgrund der schnellen Produktentwicklung und -veränderung insbesondere kurzfristig mit größeren Kursschwankungen einhergehen. Außerdem können sich die Vorschriften ändern, die für wissenschaftliche oder technologische Pionierunternehmen sowie für die Zulassung neuer Arzneimittel und medizinischer Instrumente gelten.
Ein aktives Management garantiert weder Gewinne noch schützt es vor Marktrückgängen. Alle Unternehmen und/oder Fallstudien im vorliegenden Dokument dienen lediglich der Veranschaulichung. Eine Anlage wird derzeit nicht unbedingt in einem von Franklin Templeton empfohlenen Portfolio gehalten. Die bereitgestellten Informationen stellen weder eine Empfehlung noch eine individuelle Anlageberatung in Bezug auf bestimmte Wertpapiere, Strategien oder Anlageprodukte dar und sind kein Hinweis auf Handelsabsichten für ein durch Franklin Templeton verwaltetes Portfolio.
