Das laufende Wahljahr 2024 ist zweifellos schon jetzt ein Jahr, das sich durch seine Unvorhersehbarkeit und nie dagewesenen Ereignisse auszeichnet. Wir haben zwei Attentatsversuche, den Rückzug eines amtierenden Präsidenten, die Kandidatur einer anderen Kandidatin und extreme Umschwünge in den Umfragen erlebt.
Um zu verstehen, warum Investoren den Wahlkampf so aufmerksam verfolgen, ist es wichtig, die jeweilige Wirtschaftsagenda und die Prioritäten der beiden Präsidentschaftskandidaten und der sie unterstützenden Parteien zu kennen. Im Folgenden fassen wir die wichtigsten Punkte und die allgemeinen Implikationen für Anlegerinnen und Anleger zusammen.
Die Wirtschaftsagenda von Kamala Harris
Kamala Harris war – obwohl amtierende Vizepräsidentin – lange Zeit eine Unbekannte. Während der Amtszeit von Joe Biden trat sie kaum öffentlich in Erscheinung, entsprechend wenig war über ihre politische Agenda bekannt. Das hat sich in den letzten Wochen geändert.
Als Präsidentin wird es meine oberste Priorität sein, die Preise zu senken, es mit den großen Konzernen aufzunehmen und die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente für alle Amerikaner zu begrenzen. Ich glaube, dass jeder in Amerika die Chance haben sollte, nicht nur über die Runden zu kommen, sondern auch vorwärts zu kommen.“
In ihrem Wahlprogramm kündigt sie an, Familien und US-Bürgerinnen und Bürger mit mittlerem und niedrigem Einkommen steuerlich zu entlasten. So sollen Eltern mit einem Neugeborenen eine Steuererleichterung von 6.000 Dollar erhalten. Außerdem sollen Erstkäuferinnen und Erstkäufer von Wohneigentum mit bis zu 25.000 Dollar staatlich bezuschusst werden. Teilweise gegenfinanziert werden soll dies durch eine Erhöhung der Unternehmenssteuern von 21 % auf 28 %.
Um die Lebenshaltungskosten für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu senken, will Harris gegen hohe Lebensmittelpreise und „Preistreiberei“ vorgehen. Dazu soll die US-Wettbewerbsbehörde Lebensmittelhersteller und große Supermarktketten unter die Lupe nehmen und gegebenenfalls eingreifen. Ebenfalls sollen Pharmakonzerne zu Senkungen ihrer Medikamentenpreise bewegt werden.
Außenpolitisch wird Harris im Wesentlichen die Politik Bidens fortsetzen. So wird auch sie versuchen, die heimische Wirtschaft vor der Konkurrenz aus China zu schützen – etwa mit Strafzöllen. Die Politik gegenüber Europa und anderen Partnerstaaten wird sich kaum ändern.
Die wirtschaftlichen Schwerpunkte von Donald Trump
Im Gegensatz zu Kamala Harris hat Donald Trump eine wirtschaftspolitische Bilanz vorzuweisen. Daher ist seine Politik besser bekannt und sind seine Pläne für den Fall, dass er erneut ins Weiße Haus einzieht, klarer.
Die wichtigsten Maßnahmen, die Trump in seiner ersten Amtszeit ergriffen hat, waren Steuersenkungen (vor allem eine Senkung der Körperschaftssteuer), weniger strenge Regulierungen – vor allem für die fossile Brennstoffindustrie – und Zölle. Nichts in seinen bisherigen Äußerungen im Wahlkampf 2024 deutet darauf hin, dass diese Eckpfeiler in einer zweiten Amtszeit nicht mehr gelten würden. Im Gegenteil: Die Körperschaftssteuer soll von derzeit 21 % auf bis zu 15 % gesenkt werden. Zudem hat er neue, umfassende Zölle auf alle Importe in Höhe von 10 % vorgeschlagen. Auch die Abschaffung der Besteuerung von Sozialversicherungsleistungen wurde von ihm ins Spiel gebracht.
In der Außenpolitik werden sich die Partnerstaaten der USA auf neue Töne einstellen müssen. So hat Trump unter anderem angekündigt, die Beistandspflicht der NATO in Frage zu stellen. Das heißt, er sieht die USA im Falle eines Angriffs auf ein NATO-Mitglied nicht zwingend in der Pflicht, diesem militärisch beizustehen.
Unterschiedliche politische Positionen von Republikanern und Demokraten

Quelle: Analyse des Franklin Templeton Institute
Auswirkungen auf Branchen und Unternehmen
Für Anlegerinnen und Anleger ist besonders interessant, wie sich die einzelnen Maßnahmen des Wahlprogramms auf Branchen und Unternehmen auswirken könnten. Wer profitiert, wer verliert? In den vergangenen zwei Jahren wurde die Rally an den US-Börsen maßgeblich von den sogenannten „Magnificent Seven“ (Alphabet, Amazon, Apple, Nvidia, Meta, Microsoft und Tesla) getragen. Könnte sich das unter einer neuen politischen Führung ändern?
Der wichtigste Faktor für die anhaltende Marktkonzentration der „Magnificent Seven“ ist nicht die Politik, sondern es sind die Umsätze und Erträge. Wenn diese Unternehmen weiterhin Ergebnisse liefern, die den hohen Erwartungen entsprechen, ist eine Fortsetzung des Aufwärtstrends möglich. Verlangsamt sich jedoch das Wachstum, könnte dies für viele Anlegerinnen und Anleger der Auslöser sein, sich von diesen Titeln zu trennen. Bei sinkenden Zinsen könnten auch Start-ups sowie kleine und mittlere Unternehmen wieder interessanter werden. Denn diese können sich dann wieder leichter Kapital beschaffen, während die Großen in den letzten Jahren ihren freien Cashflow nutzen konnten.
Ein weiteres Thema, das in den letzten Jahren in den Mittelpunkt des Interesses gerückt ist, ist die künstliche Intelligenz (KI). Von Harris wird erwartet, Leitplanken für Datenschutz, Diskriminierung, Sicherheit, Schutz des geistigen Eigentums und Auswirkungen auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schaffen. Umgekehrt plant Trump, Bidens Durchführungsverordnung aufzuheben und sich an seiner Durchführungsverordnung zur US-KI-Initiative vom Februar 2019 zu orientieren, die sich stärker darauf konzentriert, Amerikas Führungsrolle in der KI-Technologie durch verschiedene Finanzierungsinitiativen zu unterstützen.
Wenn Sie glauben, dass die Dinge jetzt schon teuer sind, werden sie 100 Mal schlimmer, wenn Kamala vier Jahre Präsidentin wird. Nach ihrem Plan wird Kamala Preiskontrollen nach sowjetischem Vorbild einführen. Sie wird die private Gesundheitsfürsorge abschaffen und die lächerliche Steuerpolitik Kaliforniens zum Gesetz des Landes machen, was bedeutet, dass jeder Amerikaner mit bis zu 80 % seines Einkommens besteuert wird! Wenn Sie mehr Geld und weniger Steuern wollen, wählen Sie Trump!!!“
Quelle: X, @realDonaldTrump (https://x.com/realDonaldTrump/status/1827796042760560764)
Trump, der sich auf Deregulierung konzentrieren wird, könnte das KI-Wachstum kurzfristig möglicherweise stärker ankurbeln. Harris hingegen, die einen gemäßigteren Ansatz verfolgen wird, könnte möglicherweise ein stabileres Umfeld schaffen, das sowohl die nationalen Interessen als auch das Vertrauen der Öffentlichkeit schützt. Wie auch immer die Wahl ausfallen wird, KI wird in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle spielen – auch an der Börse.
Beim Thema Energie gehen die Meinungen weit auseinander. Harris wird weiterhin auf die Förderung erneuerbarer Energien setzen. Trump hingegen wird die Energiewendebranchen weniger unterstützen, so dass die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen steigen könnte. Trump hat zudem angekündigt, das Ölangebot zu erhöhen („drill baby drill“). Dies könnte zu sinkenden Energiepreisen führen. Zudem ist zu erwarten, dass Trump die steuerlichen Anreize für Elektrifizierung und erneuerbare Energien aus dem Infrastructure Act und dem Inflation Reduction Act zurücknehmen wird, was die Einführung von Elektrofahrzeugen und Elektrifizierungstechnologien verlangsamen könnte.
Unter Harris dürften daher die Sektoren Erneuerbare Energien und Elektromobilität profitieren. Konventionelle Energieunternehmen und Ölproduzenten wären hingegen die Nutznießer von Trumps Politik.
Die Börsen nach der Wahl
Interessant ist im Zusammenhang mit den Wahlen auch, wie sich die Börsen zu welchem Zeitpunkt der Legislaturperiode entwickelt haben. So fällt auf, dass das Jahr nach der Wahl meist sehr gut verlief. Gründe dafür könnten z. B. sein, dass ein neues Staatsoberhaupt zu Beginn seiner Amtszeit Steuern senkt oder Förderungen und Subventionen verabschiedet. Anlegerinnen und Anleger sollten jedoch beachten, dass die Wertentwicklung in der Vergangenheit kein Indikator für zukünftige Renditen ist.
Entwicklung des Aktienmarktes mit Blick auf die US-Wahlzyklen
Die durchschnittliche jährliche Gesamtrendite des S&P 500 unter Betrachtung der vierjährigen Präsidentschaftszyklen von 1990 bis 2018.

Hinweis: Jahr nach der Wahl = Jahresbilanz ein Jahr nach der Wahl; Mid-Term = Jahresbilanz zwei Jahre vor der Wahl; Jahr vor der Wahl = Jahresbilanz ein Jahr vor der Wahl.
Quelle: FactSet, S&P Global. Berechnungen in USD. Indizes werden nicht aktiv gemanagt und es ist nicht möglich, direkt in einen Index zu investieren. Gebühren, Kosten und Ausgabeaufschläge sind nicht berücksichtigt. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist kein Indikator für die zukünftigen Renditen.
Fazit:
Je nachdem, wer die Wahlen am 5. November gewinnt, könnte sich das politische und wirtschaftliche Umfeld deutlich verändern, mit zum Teil entsprechenden Auswirkungen auf Branchen und Unternehmen. Dennoch sollte der Einfluss der Politik nicht überschätzt werden. Die Politik setzt zwar die Rahmenbedingungen, entscheidend für die Entwicklung der Finanzmärkte sind aber oft andere Faktoren. An erster Stelle sind hier z. B. die Zinsen zu nennen.
Drei ausgewählte US-Fonds, die für Anlegerinnen und Anleger interessant sein könnten:
|
|
|
- Ein Teilfonds von Franklin Templeton Global Funds plc („FTGF“). FTGF ist eine offene Investmentgesellschaft mit variablem Kapital, die als Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren („OGAW“) organisiert ist. FTGF ist in Irland von der Central Bank of Ireland zugelassen.
- Ein Teilfonds von Franklin Templeton Investment Funds (FTIF), einer in Luxemburg registrierten SICAV.
