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Die Probleme der US-Häuser und der Schweizer Großbank hängen nicht unmittelbar zusammen. Dennoch griff die Unsicherheit an den Finanzmärkten schnell um sich und Bankaktien gerieten in den folgenden Tagen und Wochen unter die Räder. Der Anfang einer Bankenkrise?

Banken leben vom Vertrauen, insofern war und ist die Situation nicht ohne Risiken – allerdings ist die Lage heute eine andere als im September 2008, als mit der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers der Höhepunkt der globalen Finanzkrise erreicht wurde. Anders als 2008, als Kreditrisiken zum Problem wurden, ist die Situation heute eine andere. Die Ursachen etwa für den Fall der SVB waren Zins- und Liquiditätsrisiken. Dabei ist der Großteil der Banken in den USA und Europa heute deutlich besser kapitalisiert als 2008, und die Geldhäuser haben hohe Reserven, die über das regulatorische Minimum hinausgehen.

Dennoch dürfte die Unsicherheit bei den Banken makroökonomische Folgen haben. Denn inmitten dieser Turbulenzen haben sowohl die Europäische Zentralbank (EZB) als auch die Federal Reserve (Fed) in den USA die Leitzinsen nochmals erhöht. Die Unsicherheit im Bankensektor bedeutet aber, dass die ohnehin schon schwierige Aufgabe der Notenbanken nochmals komplizierter geworden ist. Sie müssen die immer noch hohe Inflation bändigen, ohne die Wirtschaft in eine Rezession zu reißen und – noch gefährlicher – das globale Finanzsystem zu destabilisieren. Die Zentralbanken befinden sich somit in einem Zielkonflikt.

Die Notenbanken müssen die noch hohe Inflation bändigen, ohne die Wirtschaft in eine Rezession zu reißen.

Der Markt jedenfalls korrigierte sehr schnell die Erwartungen für die Leitzinsen nach unten. Die Marktteilnehmer erwarten somit bereits in diesem Jahr Zinssenkungen. Wurde Anfang März noch für Ende des Jahres mit einem EZB- Leitzins von 4 % gerechnet, waren es wenige Tage nach der SVB-Pleite nur noch 3 % (siehe Grafik).

Implizit erwartete Leitzinsen für Ende 2023
(Daten vom 24.12.2022 bis 29.03.2023)

Kurz nach der Pleite der Silicon Valley Bank fiel der implizit erwartete Leitzins für Ende 2023 sowohl in den USA als auch in der Eurozone deutlich. Das heißt viele Marktteilnehmer rechnen noch in diesem Jahr mit Zinssenkungen.

Quelle: Bloomberg

Aber die Inflation hat für die Zentralbanken aktuell eindeutig Priorität. Am 16. März erhöhte die EZB den Leitzins nochmals um 50 Basispunkte und verkündete, dass die Inflation länger erhöht bleiben dürfte. Die Treiber der Inflation haben sich geändert. Im vergangenen Jahr waren vor allem die steigenden Energiepreise für die Inflation verantwortlich, in diesem Jahr sind es die Löhne.

Dabei verschärfen höhere Zinsen die Finanzierungsbedingungen, was wiederum das Wirtschaftswachstum verlangsamt. Diese Kausalitätskette gewinnt unter den gegenwärtigen Umständen an Bedeutung, denn während die Geldpolitik die finanziellen Bedingungen verschärft, dürfte die Unsicherheit bei den Banken einen Trend der vergangenen Monate verstärken: Die Standards für die Kreditvergabe werden in Europa, aber auch in den USA angehoben. Diese Standards sind ein guter Frühindikator für das Wirtschaftswachstum. Die Umfragen zur Bankenkreditvergabe zeigen, dass die Kreditinstitute das Kreditangebot bereits deutlich zurückfahren.

Zugegeben, schaut man nach Deutschland, dann ist das Vertrauen der heimischen Wirtschaft laut ifo Institut im März unerwartet stark gestiegen. Das kann unter anderem auf die verzögerten Auswirkungen der Wiedereröffnung Chinas, das mildere Winterwetter, die nachlassenden Energiepreise und staatliche Konjunkturprogramme zurückgeführt werden. Allerdings könnten die Spannungen im Bankensektor - und die damit einhergehende Verschärfung der Kreditkonditionen – bedeuten, dass der Aufschwung nur von kurzer Dauer ist.

Die Mischung aus schwachen Wachstumsaussichten, immer noch hoher Inflation und straffer Geldpolitik spricht unserer Meinung dafür, dass das Rezessionsrisiko hoch bleibt – aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. So haben wir den Zeitpunkt für eine Rezession zum Ende des Jahres / Anfang 2024 verschoben.

Kritiker werden fragen, wie dieser Ausblick mit dem immer noch robusten Arbeitsmarkt sowohl in den USA als auch in der Eurozone zusammenpasst. Allein in der Eurozone ist die Arbeitslosenquote auf den tiefsten Stand seit Einführung des Euro  gefallen. Die hohe Beschäftigung ist unserer Meinung nach auch ein Grund, warum die Aktienmärkte trotz der Ende 2022 bereits allerseits befürchteten Rezession so gut ins Jahr gestartet sind.

Der Arbeitsmarkt ist aber ein nachlaufender Indikator des Konjunkturzyklus. Unter der Oberfläche kommt es bereits zu einer Abschwächung, so etwa im Baugewerbe in den USA. Dennoch sind wir der Meinung, dass die Arbeitslosenzahl trotz Rezession aus strukturellen Gründen niedrig bleiben könnte. Die Nachfrage nach Arbeitnehmern kann sinken (weniger offene Stellen), ohne dass die Arbeitslosenquote signifikant steigt. Dies ist übrigens ein Szenario, in dem die Inflation sich längere Zeit über der von den Zentralbanken angepeilten 2%-Marke aufhalten könnte.

Neben den immer noch relativ guten makroökonomischen Daten zeigen auch die Bewertungen von Risikoanlageklassen einen gewissen Optimismus. Sowohl Aktienrisikoprämien als auch die Renditedifferenz (Spreads) von Unternehmensanleihen zu Staatsanleihen sind entfernt von den Niveaus, die wir in früheren Rezessionen gesehen haben (siehe Grafik unten). Ebenso scheinen die von den Analysten geschätzten Gewinnerwartungen der Unternehmen immer noch zu hoch, insbesondere angesichts des anhaltenden Drucks auf die Gewinnmargen (etwa durch steigende Löhne).

Corporate Bonds Spreads USA und Europa
(Daten vom 23.03.2001 bis 24.03.2023)

In den vorangegangenen Rezessionen war die Renditedifferenz (Spreads) von Unternehmensanleihen zu Staatsanleihen deutlich größer.

Quelle: Bloomberg

Und hohe Zinsen und verschärfte Kreditvergabestandards bremsen auch Investitionen und den Konsum aus. So sind die Konsumausgaben für Güter in vielen Volkswirtschaften seit 2021 weitgehend unverändert geblieben und in einigen Ländern, wie etwa Frankreich, bereits rückläufig. Die Ausgaben für Dienstleistungen, wie etwa Urlaubsreisen (die nach den Lockdowns besonders nachgefragt waren), sind zwar stetig gestiegen. Aber die hohe Inflation und der damit verbundene Rückgang der Realeinkommen führt auch in diesem Bereich zu einer Entschleunigung.

Wie erwähnt, preist der Markt bereits Zinssenkungen seitens der Fed und der EZB ein. Sollten die Zentralbanken aber an ihrem restriktiven Kurs festhalten, könnten Risikoanlagen angesichts der ambitionierten Bewertungen leiden. Wir bevorzugen deshalb festverzinsliche Wertpapiere gegenüber Aktien, wobei wir Staatsanleihen gegenüber Unternehmensanleihen bevorzugen.

“Wir bevorzugen festverzinsliche Wertpapiere gegenüber Aktien, wobei wir Staatsanleihen gegenüber Unternehmensanleihen bevorzugen.“

Zwar haben wir in den vergangenen 18 bis 24 Monaten eine positive Korrelation zwischen Aktien und Anleihen gesehen – sprich: Aktien und Anleihen bewegten sich im Gleichklang, so dass Anleihen keinen Schutz vor fallenden Aktienkursen boten –, aber in dem von uns erwarteten Szenario sollte sich dieser Gleichlauf wieder umkehren. Selbst mit der starken Neubewertung der Renditen nach den Ereignissen bei den Banken sind wir der Meinung, dass Duration (längere Laufzeiten) einen guten Schutz vor Abwärtsbewegungen am Aktienmarkt bieten kann.

Der Mix aus guten und schlechten Daten sorgt also für jede Menge Nebel. Die Märkte schwanken zwischen der Hoffnung auf Zinssenkungen und Rezessionsbefürchtungen. Ein vorausschauender Autofahrer würde bei Nebel seine Geschwindigkeit drosseln. Das Gleiche sollte auch für die Positionierung von Portfolios gelten.


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